Mit dem NABU Darmstadt in die Vergangenheit "abgetaucht"

© Manfred Schuchardt
© Manfred Schuchardt
Am Samstag, 12. April 2025, ging es in die Grube. Bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen erwanderten wir die einzigartige Fossillagerstätte Grube Messel. Unter der fachkundigen Leitung von Nadja erfuhren wir viel über die Geologie, Paläontologie und Industriegeschichte dieses UNESCO-Weltnaturerbes in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Im Zuge von Erkundungen auf eine Raseneisenerz-Lagerstätte wurde dieses besondere, stark bituminöse Tongestein, umgangssprachlich der "Messeler Ölschiefer", Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt. In einem sehr energieaufwendigen und sicherlich sehr umweltbelastenden Schwelverfahren wurde Rohöl und Paraffine aus dem Gestein gewonnen. Doch die eigentliche Besonderheit dieser Lagerstätte zeigte sich schon früh durch Fossilfunde in einer einzigartigen und  vollständigen Überlieferung (z.T. mit Weichteilerhaltung wie Hautschatten und Federstrukturen). Die berühmten Messeler Urpferde (u.a. Stuten mit Föten) und der Ur-Affe Darwinius ("Ida") sowie zahlreiche andere Säugetierarten sind weltweit bekannt. Insbesondere eine Vielzahl an sehr filigranen Fledermausskeletten hat die Wissenschaft anfangs sehr überrascht. Und letztlich wurde und wird mittels aktuellen Grabungen eine Vielfalt an Organismen-Resten geborgen, die ein ca. 47 Millionen Jahre altes, sogenanntes "paratropisches" Ökosystem aus dem Zeitalter des Mittleren Eozäns rekonstruieren lässt. Über 1000 Pflanzen- und Tierarten sind bislang von dort beschrieben worden. Darunter mit über 70 Arten eine sehr vielfältige fossile Vogelfauna. Besonders leuchtende Augen bekamen einige von uns, als wir von dem Ur-Wiedehopf ein Bild sahen - wunderschönes Tier! Auch, dass in diesem kleinen Areal 8 Krokodilarten gefunden wurden hat uns sehr fasziniert. Wobei zu berücksichtigen ist, dass der Ablagerungszeitraum des Messeler Tongesteins immerhin ca. 1 Million Jahre gedauert hat. Die Fundsituation der geborgenen Fossilien ist also sowohl in der Zeitachse als auch topografisch zu interpretieren. Denn letztlich brauchen die Wissenschaftler Modelle, welche der Pflanzen und Tiere im oder am damaligen Messel-See lebten, welche in der Umgebung und welche Reste eventuell durch Zuflüsse von weiterher eingetragen wurden.
Überrascht waren wir auch, dieses bröselige Tongestein in den Händen zu halten mit dem Wissen, dass die Fossilien darin ohne eine dauerhafte Fixierung nie erhalten bleiben würden. Diese Transfermethode mit Epoxidharz -Einbettung wurde uns an Schaustücken eindrücklich erläutert. Was für ein aufwendiger Prozess zur Dokumentation dieses einzigartigen Ökosystems. Für uns Naturschutzmacher war dieses Eintauchen in eine vergangene Lebenswelt eine hochinteressante Begegnung, wie das Leben und unserer Erde Vielfalt entwickelt, aber auch unwiederbringlich auslöschen kann. Leider haben wir Menschen so manche zerstörende Entwicklung in diesem System beschleunigt. Wir vom NABU sind allen Akteuren - insbesondere der damaligen Bürgerinitiative - sehr dankbar, die dafür gesorgt haben, dass dieses einzigartige Kleinod nicht zur Mülldeponie verkommen ist.

 

 

Gut wieder am Grubenrand oben angekommen hat unsere Gruppe - wie kann es auch beim NABU anders sein - "nebenbei"  27 verschiedene heutige Vogelarten kartiert. Darunter auch Fitis, Nachtigall, Kuckuck, Hohltaube und Zwergtaucher. So oder so war es eine sehr spannende Exkursion. Vielen Dank an die Welterbe gGmbH, die diese Erkundungen und die tollen Ausstellungen im Besucherzentrum überhaupt möglich macht.